Tabuisierung verstärkt Armut und Schulden

Swiss Money Week: Sprechen wir über Geld!

Jorge (Name geändert) sucht im Februar 2022 die Beratung der Caritas auf. Er lebt schon länger unter dem Existenzminimum und hätte eigentlich Anrecht auf Arbeitslosengeld und Prämienverbilligung. Doch er schämt sich für seine Situation und weiss zu wenig Bescheid über die verschiedenen Sozialversicherungen. Er meldet sich daher nicht beim Sozialdienst seiner Gemeinde. Er hält sich mit Darlehen im Freundeskreis über Wasser und zieht sich sozial zurück, um Kosten zu sparen. Jorge ist kein Einzelfall. Viele Menschen, die sich bei der Caritas melden, befinden sich schon seit Monaten oder Jahren in einer finanziellen Schieflage. Sie haben sich bereits im privaten Umfeld verschuldet, oder schieben das Bezahlen von Rechnungen immer weiter auf.

 

Nichtbezug von Sozialleistungen als gefährliche Folge der Tabuisierung

Armut und Schulden werden in der Schweiz noch immer primär als individuelle Probleme gesehen. Oft heisst es, dass wer finanzielle Probleme habe, daran selbst schuld sei. Die Betroffenen schämen sich daher, über ihre finanzielle Not zu sprechen und zögern damit, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Da sie ihre Probleme allein lösen möchten, verzichten viele auf Sozialleistungen und leben deutlich unter dem Existenzminimum in Armut, Prekarität und sozialer Isolation. Einige kennen zudem Unterstützungsangebote wie die Prämienverbilligung nicht, oder wissen nicht, dass diese nicht rückzahlpflichtig ist, wie dies die Sozialhilfe in vielen Kantonen ist.

Studien zeigen, dass rund ein Viertel der Bezugsberechtigten keine Sozialhilfe, Prämienverbilligung oder Ergänzungsleistungen beziehen. Die Folgen vom Nichtbezug von Sozialleistungen oder die Folgen des zu langen Wartens bis zum Suchen von Unterstützung sind meist gravierend. Das Leben unter dem Existenzminimum führt zu Einsamkeit, Stress und Gesundheitsproblemen. Die Angst vor neuen Rechnungen und die Unsicherheit, wie diese bezahlt werden sollen, erzeugt einen hohen psychischen Druck. Es droht eine Verschlechterung der Gesundheit, welche sich auch auf die Arbeit auswirken kann und so die finanzielle Lage weiter verschlimmert. Die Betroffenen geraten in eine Abwärtsspirale und ziehen sich immer mehr zurück.

 

Umgang mit Geld enttabuisieren

Caritas Schweiz setzt sich dafür ein, dass vermehrt und ohne Tabus über Geld gesprochen wird. Daher beteiligt sich Caritas Schweiz auch an der Swiss Money Week. Diese dauert vom 21. bis zum 27. März und vereint die Aktivitäten verschiedener Akteure aus dem Bereich Finanzkompetenz, Schuldenprävention und -beratung. Ziel ist es, die Öffentlichkeit für den Umgang mit Geld zu sensibilisieren und das breite Angebot der in diesem Bereich tätigen Organisationen zu zeigen.

Armut und Schulden sind in der Schweiz leider für viele immer noch bittere Realität. Doch finanzielle Probleme sind meist nicht selbstverschuldet. So stehen einschneidende Lebensereignisse wie Scheidung, Krankheit oder Jobverlust oft am Anfang einer Verschuldung. Menschen mit tiefen Einkommen und unsicheren Arbeitsstellen, sowie Alleinerziehende sind zudem strukturell stärker gefährdet. Dies gilt es klar zu benennen, damit Armut nicht als individuelles, sondern als strukturelles Problem anerkannt wird.

Für die Betroffenen braucht es möglichst unbürokratische und niederschwellige Angebote. Je früher Menschen in finanziellen Schwierigkeiten Hilfe erhalten, desto besser können sie unterstützt werden und desto eher können sie ihr Budget wieder in den Griff bekommen. Caritas Schweiz und die regionalen Caritas-Organisationen bieten hier beispielsweise mit den Sozial- und Schuldenberatungen, den Digitreffs für die Förderung von digitalen Kompetenzen, Schreibdiensten und vielen weiteren Angeboten niederschwellige Unterstützung an.

 

Mehr Informationen zur Swiss Money Week gibt es auf der Website:
https://swissmoneyweek.ch/de

Dort gibt es auch noch mehr Geschichten von Klient*innen der Caritas, die mit wenig Geld auskommen müssen:

https://swissmoneyweek.ch/de/geschichten

 
 

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